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TOTAL ÜBERLAUFEN – Ruhe finden auf dem Jakobsweg

Seit Jahren steigen die Besucherzahlen auf dem spanischen Jakobsweg (Camino Frances) und liegen mittlerweile bei ca. 180.000 jährlich. Wer Ruhe uns Einsamkeit sucht, hat es leider immer schwerer. Auch spirituell aufregende Teilstücke (z.B. Meseta) verlieren doch ein wenig ihren Reiz, wenn man ständig von einer Pilgerschar umgeben ist. Gleiches gilt, wenn man nach einer langen Etappe erschöpft im nächsten Dorf ankommt und die Herberge bereits überfüllt ist und an der einzigen Bar des Ortes bereits 30 Mitpilger für ein Erfrischungsgetränk anstehen.

Gründe für den Pilgerboom

Vor ein paar Jahren hat Hape Kerkelings Buch Ich bin dann mal weg, einen wahren Pilgerboom in Deutschland ausgelöst. 2012 scheint der sehr sehenswerte Film THE WAY / Dein Weg einen ähnlichen Boom in den englischsprachigen Ländern (vor allem USA, Kanada und Australien) auszulösen. Nach den Motiven für die Pilgerfahrt befragt, gaben doch viele Pilger an, kürzlich THE WAY gesehen zu haben und dann mehr oder weniger spontan (manchmal innerhalb von 2-3 Wochen) ein Flugticket nach Spanien gekauft zu haben.

Mögliche Strategien für mehr Ruhe

Damit die Pilgerfahrt durch die vielen Pilger nicht zum Frusterlebnis wird, im Folgenden ein paar Strategien, wie man den großen Pilger-Massen ein wenig entkommen kann.

1. Früh loslaufen
Das Frühstück beginnt in den Herbergen meist gegen 6:00. Zwischen 6:30 und 7:30 starten dann die meisten Pilger die Etappe. Wer das Frühstück auslässt und bereits gegen 6:00 mit Stirnlampe und ein paar Müsliriegeln bewaffnet die Herberge verlässt, hat gute Chancen die ersten Morgenstunden/Sonnenaufgang in totaler Einsamkeit und Ruhe zu beginnen und zu genießen. Das Frühstück kann man auch im nächsten Ort in aller Ruhe zu sich nehmen.

2. Spät loslaufen
Nach 8:00 sind die meisten Pilger schon längst unterwegs. Wer die Herberge erst nach dem großen Pilgeraufbruch verlässt hat ebenfalls gute Chancen auf einen ruhigen Start in den Tag. Großer Nachteil des späten Loslaufens ist, dass man unter Umständen während der größten Mittagshitze laufen muss um das Etappenziel zu erreichen, die Herbergen bei der Ankunft bereits voll sind und alle Wäscheleinen-und Klammern bereits belegt sind…. ein wahrer Teufelskreis das späte loslaufen. 😉

3. Sommermonate meiden
Wer Ruhe und Einsamkeit sucht, der sollte nicht im Juli oder August den Camino Frances laufen. Dann ist nämlich Urlaubs- und Hauptreisezeit bei den Spaniern. Besser man verschiebt die Pilgerfahrt auf den Frühling oder den Herbst.

4. Etappenziele
Die meisten Reiseführer geben sehr ähnliche Empfehlungen was die einzelnen Etappen betrifft. Resultat ist, dass die meisten Pilger immer wieder an großen Etappenzielen nächtigen. Diese erkennt man meist an der sehr hohen Bettenkapazität (100-200 Betten). Wer seine Etappen hier beendet, muss sich nicht wundern, wenn am folgenden Morgen der Weg voller Pilger ist. Neben den Hauptorten gibt es unterwegs aber auch viele kleinere Dörfer in denen es in der Regel auch eine kleine Pilgerherberge (20-40 Betten) gibt. Hier zu übernachten ist deutlich angenehmer als in den großen Bettenburgen und am nächsten Morgen ist es auch deutlich einsamer unterwegs.

Der optimale Etappenzielort liegt ca. 5km hinter den Hauptorten, d.h. man hat morgens ca. 1 Stunde Vorsprung vor den Pilger-Massen und kann ausschlafen. 😉

5. Alternativstrecken
Bei nicht so reizvollen Teilstücken entlang der Straße, sogenannten Pilgerautobahnen, gibt es häufig auch Alternativstrecken die meist einen Tick länger sind, dafür aber landschaftlich schöner und vor allem einsamer. Man sollte diesen zusätzlichen Laufaufwand unbedingt auf sich nehmen, da die meisten Pilger auf dem Hauptweg bleiben.

6. Nachtwandern
Einige Mitpilger haben mir von spirituell sehr aufregenden Nachtwanderungen (bei Vollmond) durch die Meseta berichtet.

7. Die letzten 100km – laufen, laufen, laufen

Inmitten einer Schulklasse

Inmitten einer Schulklasse

Wer die letzten 100km zu Fuß pilgert, erhält die Pilgerurkunde in Santiago de Compostela. Entsprechend ist gerade dieses Teilstück besonders beliebt und überlaufen – zum Teil sind hier ganze Schulklassen unterwegs. Das Herbergsangebot ist auf diesem Teilstück auch nicht besonders gut, die kleinen privaten Herbergen sind zum Teil richtig überteuert (12 Euro). Zusätzlich gibt es große Entfernungen in denen man keine einzige Herberge findet (mehrere 16 km Etappen), so dass die Pilger ziemlich geballt an wenigen Orten nächtigen. Daher gilt, Augen zu und möglichst schnell durch.

8. Finisterre und Muxia
Zwar endet der Camino Frances offiziell in Santiago de Compostela, dennoch kann man in 3-4 Tagen ans Meer nach Finisterre laufen (Früher das Ende der Welt) und von dort sind es knapp 30 km zum sehr sehenswerten, am Atlantik gelegenen, Hafenstädtchen Muxia. Da viele Pilger die Pilgerfahrt in Santiago beenden, ist dieses Teilstück wiederum weit weniger überlaufen.

9. Andere Routen
Wenn der Reisezeitraum nur die Sommermonate zulässt, sollte man ernsthaft überlegen doch einen der weniger überlaufenen Caminos zu wählen z.B. Camino del Norte/Küstenweg oder Camino Primitivo. Auch in Frankreich gibt es mehrere Hauptarme des Jakobswegs die weit weniger Begangen werden als der Camino Frances und landschaftlich auch sehr reizvoll sind.

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